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Doc K!

[Thema: Erektions- und Ejakulationsstörungen / Switchboard 164, Juni 2004]

Sehr geehrter Doc K!,
wenn ich mir Bücher über sexuelle Störungen bei Männern durchlese, habe ich den Eindruck, eine Sondererscheinung zu sein. In jedem Buch wird seitenweise auf den vorzeitigen Samenerguß eingegangen. Bisher habe ich aber erst ein Buch gefunden, daß in kleinem Rahmen auf das Gegenteil eingeht: Was ist, wenn man gar nicht "kommt"?
Jeder Geschlechtsverkehr ist für mich mit großem Streß verbunden, da ich höchst selten zum Höhepunkt komme. Meist hat die Erektion bereits nachgelassen. Die Angst davor tut ein übriges, so daß ich mittlerweile schon `gerne´ auf sexuelle Kontakte verzichte. – Würde gerne Ihren Rat hören
.

Oh, oh! Da sind wir ja mal wieder bei meinem Lieblingsthema. Dass Sie zu diesem Thema in der medizinischen Literatur nur wenig Erhellendes gefunden haben, ist nicht verwunderlich. Oft haben Erektions- und Ejakulationsstörungen psychische Gründe und diese wiederum spielen als "harte Fakten" für die klassische Schulmedizin nach wie vor eine geringere Rolle – oft nur dann, wenn die Damen und Herren Weißkittel nicht mehr weiter wissen. Wenn es sich nun um organische Erektions- oder Ejakulationsstörungen handelt, lässt sich bestimmt Abhilfe schaffen – dazu gibt es reichlich Mittel am Markt. Gelegentlich helfen auch Medikamente, die eigentlich für die Depressionsbehandlung zugelassen sind, aber als Nebenwirkung den Erektionsreflex anregen können.
Nach wie vor finden unter Männern Gespräche über Sexualität meist nur hinter vorgehaltener Hand statt. Gern wird auch die Verantwortung für eine solche Störung auf andere Personen verlagert – nicht selten sind dann zum Beispiel die PartnerInnen "schuld". Verzögerte Ejakulation oder ein ausbleibender Orgasmus sind jedoch in der Regel eher ein innerpsychisches Problem. Je mehr ein Mann die Kontrolle über die Situation behalten will, desto weniger kann er sich auf sich selbst konzentrieren und seiner eigenen Lust freien Lauf lassen. In typisch männlicher Manier versucht er dann, unter vollständiger Kontrolle seines Selbst den "Job" zu machen – und das ist im Zusammenhang mit Lust, Spaß, Sex und Liebe nun wirklich ein denkbar schlechtes Rezept. Natürlich könnten es auch andere Faktoren sein, die zur geringeren Lustfähigkeit führen: Die Situation – also das Wann, Wie und Wo – spielen oft eine nicht zu unterschätzende Rolle. Bestimmt kommt es auch zu Problemen, wenn ein Mann zu sehr darauf bedacht ist, den Partner oder die Partnerin zu befriedigen; dann nämlich kann dieses – eigentlich ja sehr sensible Vorhaben – nach hinten losgehen: Immer wieder erfahren wir, dass Männer sich in solchen Fällen einfach zu wenig darauf konzentrieren, was gerade in ihnen selbst vor sich geht. Kurz gesagt: auf die Balance zwischen eigenem Fühlen und Kommunikation mit dem Partner kommt es an.
Im Übrigen hat es vielleicht auch sein Gutes, nicht als medizinischer Fall in der einschlägigen Literatur vorzukommen. Sie sollten viel besser darauf achten, was während des Liebesaktes Ihr Körper von Ihnen will, als darauf, was Sie von Ihrem Körper wollen. Wie wir "bewegte Männer" mittlerweile gelernt haben, ist nicht nur das "Fallenlassen", sondern auch das "Kommenlassen" wichtig. Sich in vielen Momenten – so auch beim Sex – als Mann hinzugeben und die Dinge auf sich zukommen zu lassen, ist bestimmt eine wunderbare neue Erfahrung.



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