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Doc K!

[Thema: Dialyse und Priapismus / Switchboard 174, Februar 2006]

Hallo Doc K!,

seit knapp 3 Jahren leide ich unter einer Niereninsuffizienz, die durch ein atypisches hämolytisch urämisches Syndrom (HUS) verursacht wurde. Ich bin dadurch dialysepflichtig! 3x pro Woche führe ich die Dialyse über 8 Stunden in der Nacht durch. Mit Hilfe der Nachtdialyse habe ich es geschafft, zu einer allgemein befriedigenden Konstitution zu kommen. Aktivitäten wie kleine Radtouren und Nordic-Walking sind wieder möglich geworden. Sexuell hatte ich am Anfang meiner Krankheit große Schwierigkeiten, die wohl mit meiner schlechten energetischen Verfassung zusammenhingen. Mit meiner einfühlsamen Lebenspartnerin ist es uns gelungen, ein befriedigendes Sexleben zu praktizieren, wobei ich sagen darf, dass ich immer wieder Schwächephasen habe, die uns irritieren.

Nun ist es zu all diesen Problemen zu einem noch viel weitreichenderem “Unfall” gekommen. Während einer Nachtdialyse hat sich bei mir eine Erektion aufgebaut, die sich bis morgens nicht abbaute. Aus Scham und Unwissenheit habe ich auch mit niemandem darüber gesprochen. Zuhause probierte ich, mir selbst Abhilfe zu schaffen, doch auch dieser Versuch hat fehlgeschlagen. Erst am Nachmittag, also nach ca. 20 Stunden Dauererektion, habe ich das Gespräch mit meinem Dialysearzt gesucht. “Priapismus” war für mich bis zu diesem Zeitpunkt ein Fremdwort. Nach Rücksprache mit einem örtlichen Urologen bin ich sofort in die nächste Uni-Klinik geschickt worden. In der Urologischen Ambulanz bin ich insgesamt 4x am Penis punktiert worden und 2x wurde ein Blutablauf über Stanzungen durch meine Eichel erstellt. Erst nach diesen Eingriffen, die insgesamt 2 Tage in Anspruch nahmen, kam es zu spürbarer Entspannung meines Penis. Mit Hilfe von Thrombosespritzen und vermehrten Dialysen, bei denen ich heparinisiert werde, dauerte es ca. 14 Tage, bis mein Penis zu Normalgröße geschrumpft ist.

Natürlich kommt es nun zu Erektionsstörungen. Mein Glied wächst bei Erregung nur noch zu max. 40% der gewohnten Größe an, was für mich zum Problem wird, weil ich ein vollwertiger sexueller Partner für meine Freundin sein möchte. Mein Bestreben ist es nun, meine Sexualität so gut, und vor allem so schön wie möglich leben zu dürfen. Aus diesem Grund wende ich mich an Sie, in der Hoffnung, Tips oder Hilfestellung zu bekommen. Welche Möglichkeiten sehen sie, den Auswirkungen eines Priapismus entgegenzuwirken? Kennen sie Therapeuten, Ärzte oder eine Stelle die mich beraten können?


Bitte, lieber Frager, verstehen Sie die folgende Anmerkung nicht als Vorwurf. Sie sind durch Ihre Beschreibung, für deren Ehrlichkeit ich Ihnen übrigens herzlich danke, leider auch ein warnendes Beispiel für all jene, die immer noch nicht wahr machen, was Männer eigentlich schon lange wissen, nämlich: Es gibt in Bezug auf Sexualität und Genitalität nichts (!), wofür man sich schämen muss. Wenn's schmerzt, zwickt, drückt und besonders, wenn so massive Störungen auftreten, dann müsst Ihr mit Fachleuten darüber reden. Nehmt unseren wirklich bedauernswerten Frager als warnendes Beispiel und lasst euch durch (womöglich eigene) verquere Moralvorstellungen nicht in eurer Gesundheit gefährden! – Jetzt aber konkret zu Ihrer Frage:

Leider sieht die Situation sehr schlecht aus: Nach 4 Stunden Sauerstoffunterversorgung nimmt das Gewebe des Schwellkörpers irreversiblen Schaden. Und Sauerstoffmangel tritt eben auch auf, wenn der Penis über lange Zeit steif bleibt: es findet dann häufig einfach nicht genügend Blutaustausch statt. Ein solcher Schaden ist mit heutigen medizinischen Mitteln nicht reparabel. In Zukunft wird uns die Gentechnik vielleicht die Möglichkeit geben, das Gewebe im Schwellkörper nachzuzüchten und dieses (künstliche) Gewebe dann zu verpflanzen. Aber das ist noch Zukunftsmusik! Im aktuellen Zustand bleibt “nur”, mit erektionsfördernden Medikamenten dem restlichen, noch aktiven (vitalen) Gewebe zu einer besseren Rigidität zu verhelfen.

Als letzte Lösung könnten Sie in Betracht ziehen, eine Penisprothese einsetzen zu lassen. Informieren Sie sich hierüber bitte ausgiebig und bewegen Sie den Gedanken hieran bei sich und Ihrer Partnerin ganz offen. Ich persönlich rate von Prothesen in der Regel jedoch eher ab. Bei diesem Eingriff muss nämlich das restliche, lebendige Schwellkörpergewebe vernichtet werden, um Platz für die Prothesestäbe zu schaffen. Meiner Meinung nach ist das keine Option, die Mann in Betracht ziehen sollte. Vor allem übrigens auch deshalb nicht, weil Sie in Ihren offenen Ausführungen ja deutlich machen, dass sie und Ihre Partnerin sehr verständnisvoll miteinander umgehen. Sprechen Sie also offen mit ihr über die Möglichkeiten und ich bin recht sicher, dass für Ihre Lebensgefährtin ein Geliebter mit “halber Kraft” attraktiver ist als einer, der mit immer der gleichen Penisgröße sexuell aktiv wird. Gefühl ist etwas anderes als Prothesen mit angeblicher Garantie auf Gefühlsechtheit!

Ich weiß, Sie haben einen schweren Weg vor sich. Wenn ich aber Ihre Schilderungen lese, dann SIND Sie auch schon einen Weg gegangen, den viele Ihrer Geschlechtsgenossen so nicht geschafft hätten. Und ich bin sicher, Sie haben mehr davon, die Frage nach dem “richtigen Mann” durch die Suche nach dem “Gewußt wie” zu ersetzen!



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